Dieser Tag war für mich gleich in mehrfacher Hinsicht ein ganz besonderer. Denn genau vor einem Jahr startete ich meine Tätigkeit als Landtagsabgeordnete. Der Tag hatte damals mit einem feierlichen ökumenischen Gottesdienst in St. Peter begonnen. Und auch heute fanden sich zahlreiche Abgeordnete zusammen mit Mitgliedern der Landesregierung in dem Gotteshaus ein. Anlass waren die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Abstimmung über die Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz.
Die Kirchenvertreter stellten die Leitgedanken der Frauen und Männer, die dem „Land aus der Retorte“ eine Verfassungsgrundlage geben wollten, in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Damals – am 18. Mai 1947 – waren die Menschen inmitten von Zerstörung, Hunger und Not nicht gerade in Begeisterungsstürme ausgebrochen, als sie ihr Votum auf folgendem Stimmzettel abgaben:
Nur mit knapper Mehrheit wurde der Verfassungsentwurf angenommen – in Rheinhessen und der Pfalz stimmte sogar eine Mehrheit dagegen.
Längst haben die Menschen in dem per Dekret der französischen Besatzungsmacht geschaffenen „Land aus der Retorte“ eine rheinland-pfälzische Identität entwickelt. Und auch die Verfassung wird mit großer Selbstverständlichkeit gelebt. Im eigentlichen Festakt im provisorischen Plenarsaal des Landtags im Landesmuseum setzten die Akteure vom „Theaterclub zeitraum“ in ihrem Stück „Lebt. Die Verfassung.“ wesentliche Prinzipien der Verfassung von Rheinland-Pfalz gekonnt provokant in Szene.
Die europäischen Dimensionen der damaligen Abstimmung beleuchtete mit dem ihm eigenen Charme der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn.
Dem Betrachter des oben gezeigten Abstimmungszettels wird nicht entgangen sein, dass über die Schulbestimmungen des Verfassungsentwurfs separat abgestimmt wurde – übrigens eine Forderung der Vertreter der Liberalen. Schon damals also waren Schule und Bildung Bereiche, in denen wir mit den beiden großen Volksparteien nicht immer auf einer Linie lagen. Und das gilt durchaus auch für die jetzige Legislaturperiode. Aber als Widder bin ich gewohnt zu kämpfen …