"Ehe für alle"

Hinter diesem Thema, zu dem ich heute im Landtag sprechen durfte, verbirgt sich das Ende eines langen – und unrühmlichen – Kapitels deutscher Geschichte. Inhalt dieses Kapitels ist der Umgang der deutschen Gesellschaft mit denen, die „anders“ sind – nämlich homosexuell statt heterosexuell.

Im Berlin der „Goldenen Zwanziger“ war das „Lila Lied“ populär, zu dem Kurt Schwabe den Text geschrieben hatte. Dort heißt es:

„Wir sind nun einmal anders als die andern …“ 

 

und an späterer Stelle: 

 

„Wozu die Qual, uns die Moral der andern aufzudrängen?“.

 

Das Lied endet optimistisch mit:

 

„… doch bald, gebt acht, wird über Nacht auch unsre Sonne scheinen. Dann haben wir das gleiche Recht erstritten, wir leiden nicht mehr, sondern sind gelitten!“.

Doch mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten kam erst einmal alles ganz anders. Der § 175 wurde bereits 1935 verschärft. Homosexualität wurde mit Gefängnis bestraft. Viele „Homos“ landeten in Konzentrationslagern, wo sie als „Erkennungszeichen“ einen „Roten Winkel“ auf ihrer Lagerkleidung tragen mussten. Aber auch im Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland fand sich immer noch dieser § 175 in der verschärften Form des Dritten Reichs. Erst 1974 wurde er ersatzlos gestrichen.

Bis zur Normalität im Umgang mit denen, die „anders“ sind, war es aber immer noch ein weiter Weg. Noch waren Schwulen-Witze an der Tagesordnung. Schwule Politiker wagten erst zögerlich ein „Outen“.

Als ich in meiner Zeit als Lehrerin im Sozialkunde-Unterricht auf ausdrücklichen Schülerwunsch ein Projekt zum Thema „Lesben und Schwule“ anbot und dabei Betroffene in den Unterricht einladen wollte, musste ich zuvor die Genehmigung sowohl der Schulleitung als auch der Eltern einholen.

Ich hätte heute noch viel in meinem Redebeitrag im Landtag sagen können – doch das hätte den mir zur Verfügung stehenden Zeitrahmen gesprengt. 

Mit der „Ehe für alle“, wie sie dieses Bild symbolisch darstellt, werden auf jeden Fall alle Formen einer Partnerschaft, die auf gegenseitiger Liebe und Respekt beruht, gleichgestellt – und das ist schon lange überfällig …