Heute feiern wir zum 30. Mal den Tag der Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands. In Festreden und Dokumentationen wird wortreich dargelegt, welche Politiker*innen auf nationaler wie internationaler Ebene sich um diesen Glückstag der deutschen Geschichte Verdienste erwarben. Dabei geht fast schon in Vergessenheit, wer eigentlich die Hauptakteure waren – nämlich die Bürger*innen der damaligen DDR. Sie erzwangen – ohne Blutvergießen – das, was viele Politiker*innen im Westen schon längst für unerreichbar gehalten hatten.
Ich hatte in der Folge als Sozialkundelehrerin die Chance, meinen Schüler*innen diese Entwicklung im Rahmen eines Unterrichtsprojekts näher zu bringen – mit Zweitzeugen. Einer war Egon Bahr, für den die Wiedervereinigung sicher die Krönung seines politischen Lebenswerks war.
Ich spürte aber damals in dieser Unterrichtsreihe schon, dass es mit dem „Nun wächst zusammen, was zusammengehört“ nicht ganz so einfach sein würde. „Wessis“ und „Ossis“ hatten eben doch sehr unterschiedliche Lebenserfahrungen. Ein Unterrichtsgast – ein Ingenieur aus Zwickau – brachte es ironisch so auf den Punkt „Die Wessis müssen lernen, dass wir im Osten nicht mit Hammer und Sichel essen“.
Und als beim Quiz zum Abschluss des Unterrichtsprojekts der Gewinner seinen Siegerpreis - einen Geschenkkorb mit Ostprodukten in Empfang nahm, machte er ein Gesicht als hätte ich ihm gerade den Trostpreis überreicht. In unserem Haushalt gehören einige dieser Produkte jedenfalls ganz bewusst dazu - weil mein Mann und ich sie vor Ort kennen und schätzen gelernt haben. Mehr dazu im Beitrag "Deutsche Einheit III".